Vor der Idee ist nach der Idee: mit der Walt-Disney-Methode Richtung Unternehmensgründung
Man könnte meinen, sobald die Idee für ein Unternehmen erstmal gefunden ist, steht der Umsetzung nicht mehr viel im Wege. Dabei ist es für Unternehmer*innen wichtig, gefundene Ideen aus verschiedenen Blickwinkeln kreativ weiter auszuarbeiten. Wir wollen hier einen Einblick in eine weniger bekannte Kreativitätstechnik geben.
“If you can dream it, you can do it.”
Das wohl berühmteste Zitat des Disney-Gründers gibt schon einen Hinweis auf die nach ihm benannte, sehr effektive Kreativitätstechnik.
Die Methode, welche von dem Amerikaner Robert Dilts erarbeitet wurde, geht tatsächlich auf Walt Disney zurück. Der Gründer und Namensgeber der weltbekannten Disney Company war ein Mensch mit sehr ausgeprägten Träumen und Visionen.
Er unterschied drei verschiedene Phasen in der Erarbeitung seiner Ziele: den Träumer, den Realisten und den Kritiker. Leider werden diese Rollen normalerweise oft vermischt. Beim Träumen wird häufig bereits an die Umsetzbarkeit gedacht und beim Planen denkt man an die viele Arbeit und an die Kritik anderer.
Disney trennte diese Rollen zeitlich und räumlich voneinander. Er richtete sich für jede Rolle ein anderes Zimmer ein. In diesem Raum versetzte er sich in die Denk- und Gefühlswelt der jeweiligen Rolle. Unterstützt wurde das Hineinversetzen durch die Ausstattung der Zimmer. So war der Raum des Träumers groß, hell, bunt und voll mit Bildern. Im Zimmer des Realisten stand ein Zeichentisch mit allen möglichen Zeichen- und Rechenutensilien. Der Kritiker hatte ein kleines, karges Zimmer.
Diese Technik eignet sich sowohl für eine einzelne Person als auch für eine Gruppe. Entweder durchlauft ihr die Stationen gemeinsam und unterstützt euch in den jeweiligen Rollen oder ihr bzw. du wendest diese Technik nacheinander an. Wichtig ist: Grenze die einzelnen Rollen eindeutig gegeneinander ab. Also
bitte ja nicht als Träumer schon Einwände ansprechen! Steigere dich in jede Rolle hinein und nimm NUR diese Rolle an. Alles andere solltest du bewusst ausklammern. Du brauchst dazu nicht zwingend einzelne Räume – es reichen auch schon drei Stühle, die in verschiedene Ecken eines Raumes gestellt werden. Dabei ist es einfacher, wenn du die Stühle unterschiedlich dekorierst, beispielsweise beim Träumer mit einer Blume (echt oder auf einen Zettel gemalt), beim Realist mit einem Lineal oder Werkzeug, beim Kritiker mit einer Lupe oder Diagrammen...
Träumer
Was wäre schön? Was fällt mir dazu ein? Was wäre die ideale Situation? Was ist mein Traum dazu? Was fällt mir Verrücktes und Ausgefallenes dazu ein?
Realist
Was wird für die Umsetzung benötigt (Material, Menschen, Wissen, Techniken etc.)? Wie kann realisiert werden, was der Träumer sich ausgedacht hat? Was muss getan oder gesagt werden? Was fühlt man bei dieser Idee? Welche Grundlagen sind schon vorhanden? Kann der Ansatz getestet werden?
Kritiker
Kann das realisiert werden? Was halte ich für möglich? Was kann gar nicht funktionieren? Was ist einfach nur Träumerei? Was könnte verbessert werden? Was sind die Chancen und Risiken? Was wurde übersehen? Wie denke ich über den Vorschlag?
Zum Einstimmen setzt du dich nacheinander auf jeden Stuhl. So fällt dir das Hineinversetzen in die Rolle später leichter. Beim Träumer denkst du an etwas Schönes, einen tollen, kreativen Moment in deinem Leben und schaust dir die vor dem Stuhl stehende Blume an. Nach einer kurzen Pause setzt du dich auf den Stuhl des Realisten. Denk hier an eine Situation, die du besonders geschickt und clever gelöst hast. Nimm das Lineal in die Hand. Nach einer Weile setzt du dich auf den Kritikerstuhl, denkst an eine Situation, in der du besonders kritisch warst und siehst dir den Boden genau an. Nun schreibe das zu lösende Problem bzw. das schon bekannte Ziel auf (z. B. deine erste Unternehmensidee oder die Produktion und den Verkauf einer Sache oder einer Dienstleistung).
Jetzt geht‘s los: Schlüpfe in die jeweiligen Rollen: Zuerst der Träumer: Egal, wie man das realisiert, ob es realistisch ist, ob es machbar ist, schreibe alle Ideen auf. Verrückte, völlig unlogische und ungewöhnliche Einfälle und Verbindungen sind besonders hilfreich. Sie sind die wesentliche Grundlage der kreativen Ideenfindung. Einschränkungen sind in dieser Phase nicht erlaubt, also auch keine Kritik oder Einwände.
Wenn du fertig bist, geh zum Realisten-Stuhl. Hier betrachtest du die Ideen aus der Traum-Rolle. Erarbeite einen Plan zur Umsetzung, notiere alle Maßnahmen, die notwendig sind, um das Ziel zu erreichen. Schreibe auf, über welche Mittel und Möglichkeiten du bereits verfügst und welche noch benötigt werden.
Welche Menschen, Teams, Abteilungen oder Unternehmen könnten dir dabei helfen? Welche Ressourcen und Qualifikationen benötigst du?
Anschließend suchst du auf dem Kritiker-Stuhl nach Fehlern und Schwachpunkten im Plan. Sei sehr kritisch und nicht nett. Schreibe alle Punkte zu dem Plan auf, den du als Realist gemacht hast.
Dann kommt wieder die Traum-Rolle an die Reihe: Erarbeite aus den bisherigen Ergebnissen des Realisten und des Kritikers etwas noch Großartigeres. Nimm dir die Kritik Punkt für Punkt vor und erweitere das Ziel, bis sich die Kritik auflöst. An der Stelle bitte nicht die Idee reduzieren, sondern erweitern! Wenn der Kritiker beispielsweise anmerkt, dass die Zeit nicht ausreicht, dann könnte der Träumer noch einen Helfer einstellen. Wenn der Platz für die Idee nicht ausreicht, dann mietet der Träumer Räume dazu etc. Erweitere das Ziel, bis die Kritik sich auflöst und dem Kritiker nichts mehr einfällt. Das Ergebnis schreibst du genau auf – ist das schon das Kernstück deines Unternehmens?
“First, think. Second, believe. Third, dream. And finally, dare.” — Walt Disney
Wie uns die Walt Disney Methode zeigt, können mit ein wenig Einfühlungsvermögen, wichtige Erkenntnisse über eine Unternehmensidee schon vor dem Launch der Firma gewonnen werden. Dadurch überzeugt ihr nicht nur potenzielle Investoren, sondern seid auch für eventuelle Stolpersteine bestens gewappnet.
Du hast Lust auf mehr bekommen? Das Thema Kreativitätstechniken und weiteres haben wir auch in unserem Buch "start up power: Junge Menschen gründen Unternehmen" näher erklärt.
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